Kritische Entwicklungsfinanzierung

Die Schweiz belegt bei den Ausgaben für Bildung sowie Forschung und Entwicklung eine internationale Spitzenposition. Ihre Hochschulen und Forschungsinstitutionen verfügen über ein konstant hohes Innovationspotenzial. Bei der Umsetzung der Ideen und Patente in Produkte und Dienstleistungen liegt die Schweiz jedoch unter dem OECD-Durchschnitt, mit deutlichem Abstand hinter Ländern wie den USA, Schweden, Kanada oder Israel. Grund dafür sind fehlende Direktinvestitionen in die wertschöpfende, arbeitsplatzschaffende Wirtschaft.

Der Engpass liegt nicht bei der Start-up-Finanzierung, sondern bei Folgefinanzierungen, mit denen über Jahre wiederkehrend Investitionen getätigt werden müssen, um hochinnovative und komplexe Produkte und Dienstleistungen zur Marktreife zu bringen. Ohne politisches Gegensteuer und Umdenken institutioneller Anleger – wie zum Beispiel der Pensionskassen – wird dies in der Schweiz zu einem schmerzhaften Arbeitsplatz- und Einkommensrückgang führen.

Hauptursache für das Investitionsmalaise ist die Kanalisierung von über der Hälfte der Schweizer Ersparnisse in kollektive Spartöpfe, von wo sie kaum mehr in die wertschöpfende Realwirtschaft zurückfliessen. Die Sparquote der Schweizer Privathaushalte ist eine der höchsten der Welt. Mehr als die Hälfte davon gelangen in Pensionskassen und andere kollektive Spartöpfe. Unter dem Schlagwort „Sicherheit“ werden diese Mittel vorwiegend zur Finanzierung von Schulden verwendet. Mit einem kleineren Teil werden zudem an der Börse Aktien von vorwiegend Grosskonzernen gekauft. Dabei handelt es sich lediglich um einen Eigentumstransfer, nicht um eine wertschöpfende Direktinvestition in die Realwirtschaft. Langfristige Investitionen von Vorsorgegeldern in Venture-Capital und damit in die Zukunft des Landes liegen indessen im Promillebereich.

Für die Zurückführung langfristiger Spargelder in die arbeitsplatzschaffende Realwirtschaft fehlen zwei wichtige Voraussetzungen: das notwendige Risikokapital und genügend hochprofessionelle Intermediäre. Ständerat Konrad Graber hat deshalb die Motion mit dem Titel „Langfristanlagen von Pensionskassen in zukunftsträchtige Technologien und Zukunftsfonds Schweiz“ im Dezember 2013 eingereicht. Sie wurde von Ständerat und Nationalrat parteiübergreifend ohne Gegenstimme im Februar 2014 verabschiedet und an den Bundesrat überwiesen.

In den USA investieren Pensionskassen rund 5 Prozent ihrer Mittel in Venture-Capital, in  der Schweiz liegt diese Quote im tiefen Promillebereich. Die US-Pensionskassen erzielten damit über 30 Jahre durchschnittliche Renditen von 12 bis 18 Prozent. Die grossen Wachstumsmotoren der US-Wirtschaft wie Intel, Google, Genentech, Amgen, HP usw. wurden alle von Venture-Capital finanziert. Schweizer Pensionskassen sind in der Regel zu klein, um hochspezialisierte Intermediäre mit Fachkenntnissen anzustellen und insbesondere das Risiko genügend breit zu streuen.